Die XY-Perspektive: Ced’s Corner / Elternzeit ist Männerzeit

So der liebe Mann meldet sich heute zum ersten Mal zu Wort (abgesehen von seinem Vorstellungspost) und berichtet von seiner Elternzeit mit unserem ersten Sohn Lino. Ganz im typischen Cedric-Style ;). Enjoy!

Ursula, oh meine Ursula

Liebe Ursula, vielen, vielen Dank dafür, dass Du uns Männern einen Bärendienst erwiesen hast, als Du in 2006 das neue Elterngeldgesetz auf den Weg gebracht hast. Man kann von Dir denken was man will, man muss Deine Partei nicht mögen, aber liebste Ursel, da kannst Du Dir nochmal kräftig auf die Schulter klopfen. 2 Monate extra nur für uns Testosteronspeicher und das auch noch bezahlt. Well done wie man Neudeutsch so lässig zu sagen pflegt.

Statistik rocks! Ääh Not!

Scheinbar bin ich nicht der einzige Fan der neuen Regelung. Denn vor dessen Einführung haben lediglich 4% der neu gewordenen Väter den Weg in die Elternzeit (wohlgemerkt natürlich unbezahlt) gefunden. Dieser Wert schnellt im Vergleich nach Einführung auf ca. 30% hoch (Stand 2014). Es scheint also, als ob wir Männer zu unserem Glück gezwungen werden müssen. Allerdings muss man auch anmerken, dass in der Regel (ca. 80%) lediglich die 2 bezahlten Monate in Anspruch genommen haben, aber nicht mehr. Woran liegt das? Was sagt das über unsere Motivation?

Warum nehmen wir Männer Elternzeit?

Ich habe mir für diese Frage gespart eine repräsentative Umfrage zu starten und für die kommenden Monate Deutschland zu bereisen um die relevante Zielgruppe von Männern wegzugrätschen und anschließend ins Kreuzverhör zu nehmen. Daher plump und dreist folgende Thesen:

  • 2 Monate Geld ohne Arbeit? Wo soll ich unterschreiben?
  • 2 Monate Urlaub am Stück? Wo fliegen wir hin?
  • 2 Monate Zeit mit meinem neuen Glück? Bonding Time Deluxe – Hier bin ich! Du sollst mich noch besser kennenlernen

Ich persönlich denke und kann das auch von mir selber behaupten, dass es ganz klar eine Mischung aller 3 Motivationen ist. Muss ich mich also schlecht fühlen, weil ich die Elternzeit auch für meine persönliche Bespaßung nutze? Bin ich also egoistisch, weil es nicht 100% These Nummer 3 ist? Nöööö – auf keinen Fall. Hat unsere Elternzeit einen bitteren Beigeschmack, weil wir 2 Monate in Australien verbracht haben? Muss ich mich in meinem Egoismus ertappt fühlen, wenn man mich fragt, was ich in den 2 Monaten Elternzeit gemacht hab? Immer noch Nöööö! Warum auch?

Nur weil wir nach Australien gereist sind heißt dies ja nicht, dass ich diese Zeit nicht für ein noch intensives Kennenlernen genutzt habe. Es ist ja nicht so, dass wir Lino bei Ankunft in Sydney in der Quarantäne-Station am Zoll abgegeben haben und uns dann ne nette Zeit alleine gemacht hätten. Wir haben doch nur die Umgebung für unser frisches Familienleben geändert. Und wer, inkl. oder besonders Lino, kann darin etwas Schlechtes sehen? Es mag schwer zu glauben sein, aber wir mussten Lino nicht zum Strand zerren oder Ihn in den Pool schleifen. Er hat tatsächlich freiwillig bei all diesen Aktivitäten mitgemacht! Wer hätte das gedacht .

Und gerade weil wir den ekligen Berlin Winter gegen traumhaftes Sonnenwetter getauscht hatten, konnten wir umso mehr draußen erleben – Ausflüge machen, Natur erkunden etc.. Christian Rieck würde dies wohl als klassiches Win-Win-Spiel bezeichnen. Top und daher keine weiteren Einwände erlaubt. Basta Aus!

Papa Down Under

Und wie war’s? Wie waren die 2 Monate? Eher Sonnenbrand oder Super-Crazy-Heftig-Bonding? Also wer mich kennt, weiß, dass ich theoretisch auch während einer Sonnenfinsternis recht schnell eine gewisse Röte entwickle. Ich bin doch eher die Neonstoffröhre als der braun gebrannte Surfer-Typ (abgesehen davon, dass die meist einen Tick mehr Haare haben als ich). Im Vergleich zu Hanny….Hups vom Thema abgekommen. Also, es war…..man könnte zusammenfassend sagen, dass….kurzum…insgesamt….also um es wirklich kurz zu machen, weil ich könnte Seiten über diese Erfahrung schreiben, es war einfach TRAUMHAFT. Es war eine so tolle und intensive Zeit mit Hanny und Lino, die auch durch die wundervolle Umgebung, die Leute und den berühmten Australien-Lifestyle zu einem unvergesslichen Erlebnis wurden.

Es hat natürlich den ein oder anderen Euro gekostet und ich als strenger, aber dennoch charmanter, lustiger und allseits beliebter () Buchhalter, hatte doch ab und an Diskussionsbedarf zu diesem Thema. Aber im Nachhinein betrachtet kann ich sagen, dass sich jeder Cent gelohnt hat. Ein sehr positiver Effekt unseres weit entfernten Zieles inkl. entsprechender Zeitumstellung war zudem, dass man völlig abgeschottet von jeglichen Alltags-Themen der Heimat, aber auch Arbeit war. Gedanken wie „Das Wohnzimmer könnten wir ja doch mal streichen oder?“, „Lass uns doch mal unsere Akten sortieren?“, „Boah, haben wir ein Glück, dass wir 2 Monate frei haben, weil dann können wir ja unseren Freunden beim Umzug helfen!“ waren nie auf der Agenda und wurden auch nicht vermisst.

Firmen lieben Elternzeit

Speziell für uns Männer stellt sich beim Thema Elternzeit, abgesehen von unseren femininen Mitspielern, oft die Frage: Wie findet meine Firma die 2-monatige Auszeit? Was sagt mein Chef dazu? Widerspricht dies Ambitionen mit Hinblick auf Karriere? Denken die dann, dass ich lieber mit ner Blume im Haar durch die Firma renne und von Weltfrieden fasele anstatt Nachtschichten zu rocken und Überstunden zu horten?

Natürlich kann ich diese Frage nicht abschließend bewerten, sondern lediglich über meine sowie von einigen wenigen Bekannten gemachten Erfahrungen berichten. Aber ein Einblick kann ja ein guter Anfang sein. Insgesamt kann ich sagen, dass alle Firmen in ihrer Hochglanz-Propaganda für das Thema selbstverständlich vollkommen offen sind. Natürlich wird dies dort begrüßt und befürwortet. Was bleibt den Firmen auch anderes übrig. Die Wahrheit wohnt also im Einzelfall. Selbst innerhalb von Firmen gibt es nach meinen Erfahrungen die unterschiedlichsten Fälle – positiv sowie negativ.

Aber nun zu mir! Und vorher will ich noch sagen, dass mein Chef/Chefin diesen Blog nicht kennt und ich nicht versuche meinen Bonus für kommendes Jahr zu sichern . Ihr merkt es. Bei mir war es überhaupt kein Problem und mein Chef/Chefin war (und ist auch bei Ori) sehr verständnisvoll. Ich hatte nie das Gefühl, dass meine Elternzeit auch nur ansatzweise als Entscheidung gegen die Firma, sondern ausschließlich für die Familie interpretiert wurde. Und so soll es auch sein. Es ist keine Entscheidung für oder gegen das Eine bzw. Andere. Vielmehr geht es um die Vereinbarkeit dieser beiden so wichtigen Aspekte des Lebens.

Firmen müssen das verstehen und ich habe auch das Gefühl, dass sie dies tun. Leider kenne ich auch andere Beispiele, wo der Mann doch Schwierigkeiten oder zumindest unterschwellige Ablehnung erfahren hat. Das tut mir für den Betroffenen immer sehr leid aber ich versuche trotzdem oder gerade deswegen die Elternzeit zu verteidigen. Diese Zeit bekommt man nie zurück – das schafft kein Job der Welt!

Elternzeit für den Mann – die neue Emanzipation

Man grüßt sich auf dem Gelände der Kita, wenn man entweder sein Kind hinbringt oder abholt. Das gehört so ein wenig zum guten Ton. „Guten Morgen“, „Ja, Morgen“, „Hallo!“ „Auch hier!“ „Hi!“… Bei diese Routine ist mir letztens was aufgefallen. Ich bin nicht der einzige Mann, der den Transport der Kleinen zu bzw. von der Kita (teilweise) übernimmt. Diesen Gedanken weiter gesponnen, bin ich auch sicherlich nicht der Einzige der mehr Aufgaben in der Kindererziehung übernimmt als mein Vater. Und wie wir von meinem so spannenden Statistik-Exkurs wissen, bin ich auch keine Ausnahme beim Thema Elternzeit für den Mann.

Insgesamt macht sich also in mir der Gedanke breit, dass die Männer heutzutage deutlich mehr Windeln wechseln, früher Feierabend machen um die Kiddies zum Sport zu bringen, wesentlich mehr Anschubser auf der Kindergarten-Schaukel verzeichnen und auch des Öfteren bei der Geburt unserer Kinder anwesend sind als jede Männer Generation zuvor. Und ja, ich gebe es zu. Es ist bestimmt nicht immer alles freiwillig, sondern wird einfach von unseren Herzdamen eingefordert oder als selbstverständlich gesehen. Das könnte sicherlich eine Nebenwirkung der Emanzipation sein. Who knows…

Und jetzt haut die Elternzeit auch noch in dieselbe Kerbe? Müssen wir uns also Sorgen um unsere männliche Weltherrschaft machen? Ist dies der 1. Schritt der Entmachtung durch eine Emanzipations geprägte Gesellschaft? Tragen bald nicht nur die Schotten einen Rock, sondern alle Männer weltweit? Ich habe Angst! Nein, eigentlich nicht. Ich mag das. Ich bin mir sicher, dass die Elternzeit ihren kleinen Beitrag zum Wandel unserer Gesellschaft macht. Auch wir Männer werden bald mehr und mehr verstehen, was wirklich wichtig ist im Leben und daher eigenständig mehr Freizeit einfordern um diese mit unseren Familien zu verbringen. Ich bin mir sicher, dass dieser Wunsch einen wesentlichen Effekt auf das Arbeitsleben kommender Väter-Generationen haben wird und Firmen sich entsprechend anpassen werden. Als Berliner kann ich dies mit den Worten „Und das ist auch gut so“ abschließen.

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