Während meiner ersten Schwangerschaft wurde mir ganz häufig gesagt, dass ich ja so eine entspannte Schwangere wäre. Ich habe das damals immer als Kompliment aufgenommen und so war es – denke ich – von den meisten auch gemeint. Denn die Schlussfolgerung daraus war dann irgendwie, dann werde ich auch eine entspannte Mutter. Und das wollte ich auch gerne sein. Für mein Kind, für mich selbst und irgendwie auch für mein Umfeld.
Entspannt durch die Schwangerschaft
Mittlerweile sehe ich dieses ganze „entspannt sein“-Thema etwas anders. Denn natürlich ist es einfacher für jemanden mit wenig körperlichen Beschwerden, während der Schwangerschaft, entspannt zu bleiben. Außerdem wurde mir bei fast jeder Untersuchung gesagt, dass es dem Baby bestens geht. Nur bei meinem erweiterten Ultraschall in der 20. Woche konnte meine Frauenärztin das Herzchen (aufgrund der Lage des Babys) nicht richtig sehen. Daher habe ich eine Überweisung zur Feindiagnostik bekommen. In den 2 Wochen bis zu dieser neuen Untersuchung war ich zwar ruhig und hab versucht mir nicht allzu viele Sorgen zu machen, aber entspannt war ich definitiv nicht.
Lino hat sich ausserdem relativ viel Zeit gelassen, sich mit dem Kopf nach unten zu drehen. Als ich dann in meiner Schwangerschaftsapp gelesen habe, dass in irgendeiner bestimmten Woche jetzt 90% aller Babys mit dem Kopf nach unten liegen, habe ich zwar keine Panik bekommen, aber entspannt bin ich an die Sache auch nicht ran gegangen. Anstatt darauf zu vertrauen, dass er sich schon noch drehen wird, habe ich gegoogelt was das Zeug hält und alles mögliche ausprobiert. Taschenlampe, Glöckchen und Musik (per Handy) wurden am Bauch entlang geführt. Sah definitiv lustig aus für Außenstehende ;). Videos zur äußeren Drehung und Steißgeburt wurden geguckt, Krankenhäuser, die darauf spezialisiert sind wurden recherchiert und ich habe sogar komische Yogapositionen ausprobiert. Hat natürlich alles nichts gebracht und am Ende hat er sich von alleine gedreht.
Diese beiden im Grunde genommen wenig gravierenden Ereignisse, während meiner ersten Schwangerschaft, haben gezeigt, wie leicht ich doch aus der Ruhe zu bringen war. Und mein Entspanntsein war eher dem geschuldet, dass ansonsten alles in Ordnung war. Wenn man jedoch viele Schmerzen hat oder nicht 100% weiß, dass es seinem Baby gut geht, dann ist es doch nur normal, dass man nicht komplett entspannt durch seine Schwangerschaft geht.
Entspannt mit Neugeborenem
Nun war Lino auf der Welt und wir sind „entspannt“ 3 Stunden nach der Geburt nach Hause gefahren, weil kein Familienzimmer verfügbar war. Wenn ich jetzt daran zurück denke, würde ich uns wirklich als entspannt in diesen ersten Tagen beschreiben. Das war wirklich sehr schön, aber nicht, weil wir uns vorgenommen hatten, entspannt zu bleiben, sondern weil es einfach gut lief und das Resultat war Entspannung. Lino ging es gut, ich habe mich zwar gefühlt wie eine alte Oma, die sich nicht richtig bewegen konnte, aber das habe ich auch in etwa so erwartet. Cedric war zu Hause und konnte sich gut um uns kümmern. Alles war also super und somit entspannt.
Am 5. Tag nach Linos Geburt waren wir uns aber nicht sicher, ob alles mit Lino in Ordnung war. Zum einen war er noch ganz schön gelb und zum anderen war da noch der Verdacht (sehr weit hergeholt), dass Linos Sauerstoffversorgung nicht optimal war. Meine damalige Hebamme konnte mich auch nicht wirklich beruhigen, sondern hat mich eher noch mehr verunsichert. Und meine kleine heile Welt der letzten Tage war wie weg geblasen. Ich hätte nicht weiter weg vom Entspanntsein sein können. Stattdessen hatte ich die bis dato größten Sorgen meines Lebens. (Es war übrigens alles in Ordnung).
Und ich bin der Meinung, dass das damals für die Umstände eine normale Reaktion war. Lino war mein erstes Baby, ich hatte keinerlei Erfahrung und meine Hebamme war keine Hilfe. Ich konnte einfach nicht entspannt mit der Situation umgehen. Wenn wir in eine ähnliche Situation mit Babyboy Nr. 2 kommen, dann würde ich heute (bin ich mir sicher) gelassener sein. Denn jetzt weiß ich, dass das Bauchgefühl der Mutter Gold wert ist und ich kann auch besser einschätzen, was normal für ein Neugeborenes ist. Aber diese Entspanntheit kommt mit Erfahrung und nicht weil man sich vornimmt entspannt zu sein.
Entspannt mit (größerem) Baby
Und im Laufe von Linos erstem Lebensjahr gab es noch zahlreiche Situationen, wo ich alles andere als entspannt war. Lino hatte viel mit Bauchschmerzen und einer Nackenüberstreckung zu kämpfen. Entsprechend viel hat er geschrien. 3 Monate musste ich jede Woche mit ihm zur Physiotherapie gehen und danach noch monatelang zum Osteopathen (aber in größeren Abständen). Diese Therapiestunden waren die reinste Tortur, denn Lino hat so gut wie jedes Mal in einem durch geschrien und war auch danach für lange Zeit nicht zu beruhigen. Mein Magen hat sich jedes Mal umgedreht, wenn wieder Mittwoch war und ich wusste, dass wir zur Physio mussten.
Ich wollte so gerne entspannt sein, weil einem ja auch alle den tollen Rat geben: „Dein Kind merkt, wenn du gestresst bist, kein Wunder, dass es dann auch gestresst ist.“ Danke für den tollen Tipp! (hier fehlt eindeutig ein expressives Emoticon – you get the picture ;)).
Dann hat das Stillen die ersten Wochen nicht gut geklappt und ich habe mir Sorgen gemacht, ob er genug Milch bekommt. Ob ihm etwas währenddessen weh tut. Ob ich die falschen Dinge esse usw. Und dann nach 6 Wochen hatten wir uns endlich eingespielt, meine Schmerzen waren endlich weg und es lief super. So konnte ich mich zumindest während des Stillens entspannen.
Irgendwann ist Lino dann einmal vom Bett gefallen. Dann hat er sein erstes Fieber bekommen. Dann haben wir mit der Beikost angefangen und bei jedem Stückchen hat er so krass gewürgt. Dann ist er nachts andauernd schreiend aufgewacht. Dann hat er seinen ersten Magen-Darm Infekt bekommen. Dann hat er angefangen sich hochzuziehen und später zu laufen und ist entsprechend oft hingefallen und hat sich gestoßen. Und, und, und…
Fazit – zum Teufel mit der Entspannung 😉
Es gab also immer wieder etwas, was mich daran gehindert hat entspannt zu sein. Und das hört sich jetzt vielleicht alles sehr schlimm an, aber eigentlich machen die meisten dieser Erlebnisse alle Eltern durch. Und ich würde mal behaupten, dass niemand sich gerne Sorgen macht und gerne gestresst ist. Aber beim ersten Baby erlebt man nun mal alles zum ersten Mal, was Fluch und Segen zu gleich ist. Man kann viel schlechter einschätzen wie schlimm eine Situation tatsächlich ist. Gleichzeitig erlebt man aber auch all die schönen Dinge zum ersten Mal. Und dann ist es einfach wunderbar.
Ich weiß, dass ich jetzt beim 2. Kind wesentlich entspannter mit Vielem umgehen werde. Denn ich konnte Erfahrungen sammeln und weiß jetzt einfach viel öfter was zu tun (oder auch zu lassen) ist oder wen ich am besten um Rat frage. Der Zustand „entspannt zu sein“ ist für mich nichts mehr, was man versuchen muss zu erreichen. Sondern wenn man es nicht ist, dann hat dies eigentlich auch immer einen validen Grund für die jeweilige Person. Natürlich kommt es auf die Persönlichkeit an, ob man eher zu Sorgen oder Unbekümmertheit neigt, aber wie gesagt niemand ist GERNE unentspannt. Man sollte sich meiner Meinung nach weniger darum kümmern, ob das Umfeld einen für entspannt hält, sondern eher versuchen den Stress für einen selbst zu verringern.
Für mich bedeutet dies:
- Mehr auf mein Bauchgefühl zu hören,
- den Rat von Freunden anzunehmen, denen ich in Elternfragen vertraue,
- nicht direkt das Schlimmste anzunehmen,
- und darauf zu vertrauen, dass diese kleinen Persönchen doch wesentlich resistenter sind, als wir oft glauben.
Eine alte Arbeitskollegin (und mittlerweile auch Mutter einer süßen Tochter) hat mich dazu angeregt dieses Thema auf dem Blog aufzunehmen. Ich glaube mit der Hoffnung, dass ich gute Tipps geben kann, wie man entspannter wird. Sorry! Das habe ich wohl nicht ganz erfüllt :). Vielleicht regt dieser Blogpost aber den ein oder anderen dazu an, sich selber nochmal mit dem Thema auseinander zu setzen und zu schauen, wie man selbst dazu steht. Ich bin gespannt!