Typisch Junge / Oder denken wir einfach nur in Klischees?

Jetzt sind wir nun seit ein paar Tagen wieder zurück aus dem Urlaub auf Mallorca. Zu den Hochphasen unseres Urlaubs waren wir 7 Erwachsene und 6 Kinder. Unter den Kids waren sowohl Jungs als auch Mädchen dabei und es kam zwischendurch auch mal das Thema auf, dass die beiden Geschlechter sich ja auch offensichtlich im Verhalten unterscheiden. Dieser Gedanke hat mich dann in den letzten Tagen nicht mehr losgelassen und deswegen mache ich das einfach mal hier zum Thema.

Denn ich habe mich gefragt, unterscheiden sich Jungs und Mädchen als Babies und Kleinkinder denn tatsächlich so „typisch“ voneinander oder denken wir das nur? Oder lenken wir die Kinder nicht eher in diese jeweils typische Richtung? Können wir uns überhaupt von den Jungs- und Mädchen-Stereotypen freimachen, selbst wenn wir das gerne wollen? Wieso nicht einfach mal den Söhnen ein Kleid anziehen (schließlich liebe ich kleine süße Babykleider)? Oder ist das komisch? Wieso würde ich das komisch finden? Sollte mir das nicht egal sein?

Ich finde es ist auf jeden Fall ein ganz interessantes Thema. Für mich selber habe ich da eigentlich noch nie drüber nachgedacht, aber als ich das erste Mal schwanger war, kam der Gedanke schon auf. Vor allem, weil ich mich selber als sehr typisches Mädchen bezeichnen würde. Seit ich denken kann bin ich ein wandelndes Klischee. Ich liebe pink, Glitzer, Einhörner und Co.. (was nicht heißt, dass unsere Wohnung oder mein Kleiderschrank aussieht, wie aus dem Glücksbärchiland – eigentlich gibt es ziemlich viel grau ;)). Ich habe keinerlei Interesse an Fußball (außer zur WM), Autos oder sonstigen Techniksachen. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass das irgendwie durch meine Eltern gesteuert wurde. Es war und ist einfach so. Glaube ich jedenfalls.

Ich bin schwanger – Let the planning begin

Mit positivem Schwangerschaftstest von Lino damals, habe ich sofort begonnen mir alle möglichen Einrichtungssachen für Baby- und Kinderzimmer online anzuschauen. Und schon bald hatte ich mehrere Moodboards für einen Jungen und ein Mädchen fertig (ich wusste ja noch nicht was es wird). Zwar nicht in den typischen Farben rosa und hellblau, aber dennoch würde ich sagen, dass jeder die Moodboards ganz gut dem jeweiligen Geschlecht zuordnen könnte. Objektiv gesehen könnte man sagen, dass Linos Zimmer neutral (schwarz, weiß, grau und gelb) gehalten ist, aber für ein Mädchen hätte ich wahrscheinlich doch eher ein paar mehr Pastellfarben und das ein oder andere Einhorn integriert.

Auf der einen Seite zeigt dies, dass ich tatsächlich kein Fan von dieser ganz typischen hellblau-Richtung bin. Denn das ist mir wirklich zu Klischee und gefällt mir einfach nicht. Auf der anderen Seite ist Linos Zimmer doch eher ein „Jungenzimmer“ in meinen Augen. Ich bin nie auf die Idee gekommen sein Zimmer so einzurichten, wie ich es für ein Mädchen getan hätte, obwohl ich diese (girly) Moodboards auch wunderschön fand. Also ist es schon irgendwie in mir drin, dass ein Junge auch ein Jungenzimmer bekommt. Und vielleicht präge ich ihn damit jetzt auch schon (ungewollt) ein bisschen.

Wie wir es sonst so handhaben

Bei Anziehsachen mache ich bei den Farben keinen Unterschied zwischen Jungs und Mädchen. Lino hat auch rosa und pinke T-Shirts. Dennoch muss ich zugeben, dass diese aus der Jungenabteilung der jeweiligen Marke stammen. Aber bei Motiven oder Applikationen würde ich nicht von alleine bei typischen Mädchensachen wie Glitzer, Schleifchen, Minnie Mouse etc. zugreifen. Und ein Kleid oder einen Badeanzug würde ich ihm auch nie einfach so kaufen. Insgesamt ist sein Kleiderschrank aber voll mit allen möglichen Farben und Klamotten, wovon viele auch geschlechtsneutral sind.

Eines von vielen neutralen Kleidungsstücken der Jungs.

Falls Lino aber irgendwann zu mir kommen sollte und sich ein bestimmtes „Mädchen“-Kleidungsstück wünscht, dann wäre das für meinen Mann und mich auch völlig ok. Wahrscheinlich wären wir schon ziemlich überrascht, aber niemals würden wir ihm verbieten ein Kleid oder ein Elsa-Shirt zu tragen. Also wir fördern es nicht, aber wir würden es auch niemals verhindern.

Bei anderen Sachen wie Spielzeug oder Alltagsgegenständen denke ich aber viel weniger darüber nach, ob das eher für Jungs ist oder nicht. Wir haben pinke Löffel, eine pinke Trinkflasche mit Einhorn und Prinzessin und Lino hat auch einen Spielbuggy mit Puppe. Einfach weil ich dachte, dass er bestimmt Spaß daran hat mit dieser Puppe und dem Buggy zu spielen. Und Autos hatte Lino ganz lange keine. Wir haben einfach keine gekauft, weil wir eh schon so viel Spielzeug geschenkt bekommen haben. So sollte es meiner Meinung nach auch eigentlich sein – es war einfach kein Thema. Und so würde ich mir eigentlich auch wünschen in den anderen Bereichen (Anziehsachen & Einrichtung) zu denken.

Manche Sachen sind einfach „Mädchen“ bzw. „Junge“  – oder?

Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass manche Sachen bei vielen Jungs und Mädchen einfach so sind. Wie gesagt hat Lino eine Puppe, aber bisher hat er noch nie so richtig mit ihr gespielt. Von dem ersten Auto was er geschenkt bekommen hat, war er aber sofort begeistert und wusste instinktiv, dass man es anschiebt und Vroom-Vroom-Geräusche macht (haben wir ihm nie gezeigt). Er liebt ALLE Fahrzeuge – wirklich alle. Ganz besonders findet er Bagger und Feuerwehrautos toll. Das kam einfach von alleine.

Bei meiner kleinen Nichte war es umgekehrt so. Seit sie krabbeln kann, ist sie immer sofort zu den Schuhen geflitzt und hat versucht sie anzuziehen. Und auch Handtaschen waren schwer beliebt bei ihr. Jede Kette, die sie in die Finger bekommen hat, hat sie sich um den Hals gelegt. Und auch das wurde überhaupt nicht durch irgendwen forciert.

Außerdem ist mir aufgefallen, dass kleine Mädchen immer viel mehr Interesse an meinem Schwangerenbauch und dem Baby gezeigt haben, als kleine Jungs. Denen, inkl. Lino, war das immer ziemlich egal, dass da ein Baby im Bauch war. Wohingegen die Mädels mir über den Bauch gestreichelt und immer drauf gezeigt und „Baby“ gesagt haben. Da ist anscheinend schon von klein auf ein bisschen Mutterinstinkt bei Mädchen. Und all die kleinen Jungs, die ich so um mich herum jeden Tag sehe, sind doch ein bisschen wilder, lauter und aktiver als die Mädels (Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel ;)).

Also insgesamt ist mein Fazit, dass es natürlich immer wieder Unterschiede gibt, aber ein paar Eigenschaften haben viele Jungs untereinander und auch Mädchen untereinander einfach gemeinsam. Ich glaube, das ist einfach in uns drin, ohne dass wir als Eltern darauf Einfluss genommen haben. Nichtsdestotrotz möchte ich in Zukunft bewusster versuchen nicht so klischeehaft zu denken und zu handeln. Bei vielen Dingen wie Anziehsachen, Deko oder Alltagsgegenständen (wie z.B. Kindergeschirr) ist es Lino noch ziemlich egal was ich kaufe und da werde ich zukünftig einfach das kaufen (oder schenken lassen), was ich schön finde. Nicht das, was ich schön FÜR Jungs finde.

Ori beim Mittagsschlaf im Urlaub. Im süßen Fernsehturm-Body in blau, gab’s aber auch in rosa. Vielleicht wird es dann das nächste Mal die andere Farbe.

Zudem möchte ich darauf achten, ob Lino (und später auch Ori) durch andere äußere Einflüsse (wie z.B. in der Kita) bestimmte Rollenbilder vermittelt bekommt und ihm dann bewusst machen, dass das nicht wichtig ist. Sondern er kann und soll genau das mögen, was er selbst schön findet. Und wenn es irgendwann tatsächlich dazu kommen sollte, dass Lino dass rosa Glitzer-Tutu haben möchte, dann werde ich liebend gerne mit ihm shoppen gehen. Denn obwohl ich meine Jungs natürlich über alles liebe und so froh bin, dass ich sie habe, würde ich in der Zukunft schon gerne auch ein paar typische Mädchensachen mit einem kleinen Minimenschen machen ;).

 

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